Simone Zaugg

360° – Perspektiven auf Marx und die Allee

Ein Fernrohr auf der Verkehrsinsel zwischen den Fahrbahnen der Karl-Marx-Allee bietet – neben den dort zu erwartenden Aussichten – noch eine Überraschung. Außer dem besonderen Stadtraum gibt es zehn Banner zu entdecken, die an Balkonen der nahe gelegenen Gebäude montiert sind und zehn Porträts mit kurzen Statements von Personen mit dem Nachnamen Marx zeigen. Hier, wo sich die Wege zwischen Rathaus, Kino International, ehemaliger Mokka Milch Eisbar, Café Moskau, U-Bahn-Eingang und Schillingstraße treffen, sind Anwohner*innen, Passant*innen und Tourist*innen eingeladen, die Karl-Marx-Allee „unter die Lupe“ zu nehmen.

In eine Richtung öffnet 360° – Perspektiven auf Marx und die Allee den Blick auf städtebauliche Details der DDR-Nachkriegsmoderne ebenso wie auf den „herausragenden“ Fernsehturm am Alexanderplatz. In die andere Richtung ist der Umbruch zwischen dem Baustil des sozialistischen Klassizismus und der visionären städtebaulichen Gesamtkomposition des II. Bauabschnitts zu erkennen. In diese Situation sind durch die künstlerische Intervention die Anwohner*innen eingebunden, die ihre Balkone für die Banner zur Verfügung stellen. Mit den auf den Bannern dargestellten Personen sind zudem Menschen von außerhalb des Ortes durch ihren Namen mit der Karl-Marx-Allee und dem Projekt verknüpft.
Mit dem Standpunkt des Fernrohrs werden die Reibungen eines Ortes zwischen Wohngebiet und Durchgangsstraße körperlich spürbar. An der Umgebung lässt sich allerdings noch weit mehr ablesen, etwa städtebauliche Ideen, historische Zusammenhänge und politische Hintergründe. Das Projekt ermöglicht den Betrachter*innen, sich selbst im Zusammenhang zwischen Geschichte, städtebaulicher Entwicklung und politischen Veränderungen zu positionieren. Der Blick durch das Fernrohr öffnet ungewohnte Sichtweisen, die Banner auf den Balkonen erweitern das Panorama in die Höhe und über die Karl-Marx-Allee hinaus.

Downloads