Theresa Schütz

Available Forms - Verhandelte Spielräume

Über einen Zeitraum von vier Wochen werden am Wasserbecken vor der Hansabücherei unzählige Schalen aus Ton geformt: Available Forms – Verhandelte Spielräume ist ein Klanginstrumentarium, das Offenheit zum musikalischen Motiv erhebt. Außer Wasser, Ton und Händen, der abendlichen Säuberung des Platzes und der Unterstützung freiwilliger Helfer*innen braucht es nicht viel. Ein mobiler Werkzeugwagen dient dazu, die Formen in regengeschützten Kisten in der Nachbarschaft zum Trocknen zu verteilen.

Verbindlicher gestaltet sich die Teilnahme an drei parallel dazu stattfindenden Wochenend-Workshops mit einem Komponisten, bei denen eine kollektive Komposition mit den hergestellten Schalen entwickelt wird. Die klangliche Umsetzung erfolgt in Anlehnung an die Experimente musikalischer Notationsformen der 1950er und 1960er-Jahre, insbesondere dem gleichnamigen Werk „available forms“ von Earle Brown, das in demselben Zeitraum wie das Hansaviertel entstanden ist. In der vierten Woche wird anlässlich des Bürgerfestes, dem Tag des offenen Denkmals und dem Jubiläum „100 Jahre Bauhaus“ ein Termin zur Aufführung mit dem wachsenden offenen Ensemble vereinbart. Mittels Hydrophonen und Unterwasserlautsprechern sowie Lautsprechern und Mikrophonen am Beckenrand wird der Klang zwischen den zwei akustisch völlig autonomen Welten hin- und her geschaltet und erfährt so auf rein physikalischem Wege seine Verfremdungen. Die verborgenen Klänge der Unterwasserwelt werden an die Oberfläche gebracht, durch neuerliches Aufnehmen und Abspielen gespiegelt und zurückgeworfen – ein symbolisches Wechselspiel zwischen Vertrautem und Fremdem.

Hinter dem Entwurf stehen Überlegungen zum Thema Sicherheit in einer offenen Stadt. Bereits bei der Internationalen Bauausstellung 1957 spielte die Idee der offenen Stadt eine herausragende Rolle. Offenheit erzeugt in der Realität des Zusammenlebens Ambivalenzen, Räume, die zugleich offen wie geschlossen sind. Dadurch werden auch die positiven Momente des Gesellschaftswandels, die Diversität mit sich bringen, als verunsichernd empfunden. Die subjektiv empfundene ebenso wie die gesellschaftliche Verunsicherung nähren sich am politisch und medial getragenen Sicherheitsdiskurs, der schließlich als gesprochenes Wort in den städtischen Alltag diffundiert. Das Sprechen über Angst wird konkrete Form im öffentlichen Raum. Die Herstellung von Sicherheit geht einher mit Sauberkeit und Ordnung und erfolgt mittels vielfältiger Raum-Beschneidungen. In Available Forms – Verhandelte Spielräume werden Konflikte dagegen als konstituierende urbane Qualität des öffentlichen Raums verstanden und als solche zur Chance für Verhandlungsprozesse genutzt.