Sonya Schönberger

Die Hansaplatz-Protokolle

Die Hansaplatz-Protokolle setzen sich in einer Serie von aufgezeichneten Gesprächen intensiv mit den Lebensrealitäten und Biografien der Nutzer*innen und Anwohner*innen des Hansaplatzes auseinander. Die Interviews (25-50) werden ab Februar 2019 durchgeführt und bilden in anonymisierter Form die Basis für eine Publikation, die in den Bestand der Hansabibliothek aufgenommen und dort präsentiert wird. Zudem sind im Projektzeitraum von September bis November Lesungen mit anschließenden moderierten Diskussionen am Hansaplatz geplant.

Hintergrund für die Gespräche ist die fortschreitende sozialräumliche Segregation deutscher Städte, die durch die Prekarisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse begünstigt wird. Die Frage nach der Verteilung des sozialen Raums wird zunehmend wichtiger. Der Hansaplatz wird im Rahmen des Projekts als repräsentativer Mikrokosmos für diese Entwicklung in den Blick genommen.

Die Vermischung diverser Realitäten am Hansaplatz erzeugt Spannungen: Anwohner*innen des Hansaviertels als Eigentümer*innen oder Mieter*innen, Anwohner*innen der anliegenden Viertel, Angestellte in den Läden am Platz, Obdachlose, Drogenabhängige, Tourist*innen und Theaterbesucher*innen nutzen den Platz miteinander oder nebeneinander. Die Menschen, die in ihrem Alltag an diesem speziellen Ort der Stadtlandschaft agieren, erzählen von ihrer Biografie, ihrer gegenwärtigen Situation und dem, was sie tagtäglich bewegt. Die Auswahl der Gesprächspartner*innen erfolgt unter Mithilfe des lokalen Bürgervereins und der Bibliothek sowie durch den Aufenthalt im öffentlichen Raum und die direkte Kommunikation mit den potenziellen Protagonist*innen. Favorisierte Orte für die geplanten Lesungen sind: Kiosk, Blumenladen, Shisha-Bar, Hansabibliothek, Pfarrkirche und die Freifläche am Hansaplatz selbst. Sie ermöglichen ein facettenreiches Bild der disparaten Realitäten; Erzählung und Platz verschmelzen.

Der Platz ist ein besonderes verbindendes Element inmitten der „grünen Großstadt der Zukunft“ – wie es 1957 über das Hansaviertel hieß. Ein sozialer Ort ist immer auch von den Geschichten derer geprägt, die ihn nutzen. Es ist in diesem Kontext ein wichtiges Zeichen für die Anwohner*innen und Nutzer*innen des Hansaplatzes, dass ihre Meinungen gesammelt und (re-)präsentiert werden. In den Gesprächen entsteht ein multiperspektivisches Bild des Hansaplatzes, in dem die Erzählenden als Expert*innen ihrer Realität ernst genommen werden.