Martin Kaltwasser
Die Stadt von morgen
Der Entwurf Die Stadt von morgen sieht auf dem Hansaplatz die Installation von fünf großen Schautafeln vor, die maximal 7,50 m hoch sind und sechs bis zwölf Monate auf dem Platz verbleiben werden. Die Frage nach der Stadt von morgen – die Überschrift und Programmatik der Internationalen Bauausstellung (IBA) von 1957 – wird auf diesen Schautafeln aus gegenwärtiger Perspektive illustriert, unter Verwendung von Stadtraum- und Hausansichten des heutigen Hansaviertels. Die Illustrationen beziehen sich auf vier wesentliche Punkte der IBA 1957, die maßgebend für die im Hansaviertel umgesetzten architektonischen und städtebaulichen Ideen und teilweise auch für die städtebaulichen Entwicklungen des folgenden Jahrzehnts waren:
– Stadtlandschaft, Verbindung von Stadt und Landschaft
– gemeinschaftliche Flächen im Haus
– Grünflächen als Lebensraum und nicht als Repräsentationsraum
– Allraum – flexible Räume und Räume für alle
Die Schautafel-Illustrationen greifen diese Ideale von 1957 auf, indem sie in bestehende Hausansichten und eine Straßenperspektive hinein collagiert werden. So stellen die Tafeln die Frage, inwieweit das gegenwärtige Hansaviertel, stellvertretend für die ganze Stadt, noch auf die Umsetzung einiger dieser Ideale wartet und ob sie aus heutiger Perspektive sogar erst recht als zukunftsweisend oder utopisch betrachtet werden können. Die Schautafeln thematisieren dadurch unter anderem Stadtlandschaft als Utopie aus gegenwärtiger Sicht: Die Wohnhochhäuser des Hansaviertels werden auf der zweiten Tafel in eine Parklandschaft eingebettet, in der statt Autos Menschen den Raum bevölkern und bespielen. Das Wohnhochhaus von Oscar Niemeyer ist Gegenstand der dritten Tafel. Dargestellt ist das „contorno“, die Gemeinschaftsetage im 5. Obergeschoss, im Idealzustand; lebendig genutzt durch die Hausbewohner*innen und Gäste. Seit Fertigstellung ist diese Etage in Niemeyers Berliner Haus nie genutzt worden – dies steht im Gegensatz zur Nutzung seiner Häuser in Brasilien.
Die Sockel der Schautafeln sind mit lackiertem Sperrholz ummantelt, auf denen die Inschrift „Die Stadt von morgen ist …“ deutlich sichtbar aufgedruckt ist. Dieser unvollendet gelassene Satz lädt die Öffentlichkeit ein, ihn schriftlich zu vollenden, Kommentare jeglicher Art zu hinterlassen und die Schautafeln als temporäre, partizipative Skulpturen zu Diskursräumen werden zu lassen, an denen alle teilhaben können.