Felix Lüdicke
Inside Out
Der Beitrag Inside out ist eine offene, kollektive Bibliothek, die neue Perspektiven auf das Hansaviertel erforscht. Auf dem Rasenplateau hinter der Hansabibliothek entsteht und wächst von Mai bis September eine Bücher-Tausch-Bibliothek, die Regalkästen in einer Gesamtlänge von etwa 70 m sowie verschiedene Aktionen umfasst.
Diese gemeinschaftliche „Mission“ des längsten offenen Bücherschranks Berlins soll identitätsstiftend für die Gemeinschaft des Viertels wirken; das Prinzip des Teilens und der Teilhabe soll gestärkt werden. Ausgangslage ist die radikale Offenheit der Freiräume des Hansaviertels: Geprägt durch den Städtebau der Moderne erschweren sie ihre Aneignung und Nutzung. Randgruppen, die hier zusammenkommen, werden daher als dominant und beunruhigend empfunden. Ein ausgewogenes Miteinander kommt zurzeit nicht zustande. Die Hansabibliothek stellt einen der wenigen Ort der Teilhabe im Viertel dar, dessen Angebot jede*r nutzen kann.
Der Bibliotheksbau des Architekten Werner Düttmann und die Freiraumgestaltung der Landschaftsarchitektin Herta Hammerbacher lassen Bibliothek, U-Bahn-Aufgang und den Platz mit Wasserbecken als Einheit erscheinen. Das Gebäude spielt mit Offenheit und Abgeschlossenheit: Einerseits hat die Bibliothek zum Platz hin großzügige Glasfronten, andererseits kleine Guckfenster mit Lesetischen zur Straße hin. Im Inneren des ringförmigen Baus befindet sich ein kontemplativer Innenhof. Durch die Renovierung der Bibliothek ist der Innenhof vorüberhegend nicht zugänglich. Damit fehlt ein Ort der Ruhe, der Bildung und Begegnung.
Die Produktion der Installation, die diese Leerstelle füllen möchte und das Prinzip der Teilhabe stärken soll, geschieht im Rahmen einer zehntägigen, offenen Baustelle, die die Anwohner*innen neugierig macht, einbindet und engagierte Mitstreiter*innen gewinnen soll. Die Installation greift die Form des Innenhofs auf und passt sich formal und gestalterisch in den Platz ein. Sie besteht aus einem Bücherbord und Plattformen aus Holz, die zum Verweilen einladen. Das Bücherbord wird innerhalb der Birken des Rasenplateaus aufgebaut und bildet einen klaren Rahmen, der den Proportionen der Bibliotheksfassade mit seinen ausgefachten Rahmenelementen nachempfunden ist.
Die Bewohner*innen des Hansaviertels werden aufgefordert, Bücher zu spenden – so wird privates Eigentum der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und geteilt. Ziel ist es, bis zum Ende des Sommers ein rundum gefülltes Bücherbord zu haben. Die umliegenden Institutionen wie das Grips-Theater, die Akademie der Künste und natürlich die Bibliothek sind eingeladen, den Raum für ihre Aktivitäten zu nutzen. So könnten gemeinsam mit Anwohner*innen Lesungen aus dem Tauschregal, aus Lieblingsbüchern oder eigenen Texten stattfinden. Es soll ein Raum geschaffen werden, der eine Aneignung durch verschiedenste Nutzer*innengruppen ermöglicht.